Floristisch-faunistische Notizen aus Trockengebieten des Nahe-Berglandes
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** ROTENFELS, Bad Münster am Stein **
Ergebnisse einer Exkursion am 21. Aug. 2005

 

Der Rotenfels bei Bad Münster am Stein ist ein ca. 1,2 km langer, steiler Prallhang im Nahetal. Von ca. 118 m ü.NN. steigt er fast senkrecht auf 237 m hoch. Er gilt als einer der schönsten und größten Felsen Mitteleuropas (ausserhalb des Alpenraumes). Obwohl er aus sauren Vulkaniten besteht, ist der Artenreichtum im Felsenbereich enorm.

Näher untersucht wurden zwei Flächen:

A) Fast buschfreier Trockenhang am Ostrand des Massivs mit
vergleichsweise geringer Steigung und hohem Feinerdeanteil. Boden oberflächlich recht locker und daher gut geeignet für Arten, die sich ihre Baue in die Erde graben. Nur hier konnten wir Schläuche von Atypus affinis finden. Die Röhrenspinne Eresus war dagegen entlang des Wanderweges an vielen Stellen zu finden (siehe Luftbild). Offenbar genügen ihr bereits Bodentiefen von 10 cm um ihre Röhren zu bauen.

B) Nur locker verbuschter Trockenhang etwas abseits der eigentlichen Felswand im Wald. Anders als auf Fläche A war hier der Feinerdeanteil fest verbacken. Dies könnte eventuell das offensichtliche Fehlen von Atypus und Eresus erklären. Dafür war die gesuchte Gnaphosa (s.u.) unter den Steinplatten reichlich vertreten.

Exkursionsziel bei Bad Münster a. Stein im Nahetal

 

Thermophile Faunenelemente am ROTENFELS:

oben: Geocoris grylloides
links: der Teufel, Phymata crassipes


Geocoris grylloides ist durch die weisse Streifung auf glänzendem schwarzen Körper ziemlich auffällig und lief direkt auf den Felsen herum. Das Teufelchen ist an für sich relativ unscheinbar und kaum als lebendes Tier zu erkennen, wenn es in den Klopfschirm fällt. Erst wenn man sehr genau hinschaut, enthüllt sich sein phantastisches Äußeres. Ein einzelnes Exemplar erwischten wir auf der Untersuchungsfläche A.
Ebenfalls nur ein Exemplar sahen wir von der Zornigen Raubwanze. Es versteckte sich unter Steinen auf Fläche B.

Praktisch auf jedem Quadratmeter war aber die wärmeliebende Melanocoryphus albomarginatus zu sehen.


links: Rhynocoris iracundus, die Zornige Raubwanze


Die Heuschreckenfauna des Gebietes besteht aus Chorthippus biguttulus, Chorthippus vagans, Chorthippus brunneus, Nemobius silvestris, Platycleis albopunctata, Oecanthus pellucens, Calliptamus italicus und Oedipoda caerulescens

Das erste was wir an der Felswand bemerkten waren hohe, schrille Pfeiftöne, denen der Bergzikade nicht unähnlich. Die Musikanten blieben jedoch unsichtbar, so dass wir tatsächlich einige Zeit total verunsichert waren und rätselten was das wohl für eine Zikade sein könnte.
Die anderen Besucher des Felsens schienen übrigens damit kein Problem zu haben etwas zu hören, was sie nicht kannten - oder nahmen sie die schrillen Töne überhaupt nicht wahr?
Wie dem auch sei, uns lies die Sache keine Ruhe bis wir schließlich den Verursacher ermittelt hatten: Ephippiger ephippiger, die Sattelschrecke.
Man beachte den schwarzen Streifen hinter den Augen. An ihm kann man bereits winzige Larven der Art eindeutig erkennen.

Außergewöhnlich viele der Heuschrecken des Gebietes, besonders die Ödlandschrecken und die Italienischen Schönschrecken, waren massiv mit parasitierenden Milben befallen - hier ein ganz extremes Beispiel bei einer Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens).

Die Spinnenfauna der Untersuchungsfläche (B)
Ziel der Exkursion war die Klärung der Frage zu welcher Art die helle, mittelgroße Gnaphosa gehört, die A. Staudt am Bremroth im Alsenztal, wenige Kilometer südlich gelegen, an einem der vergangenen Wochenenden festgestellt hatte (Exkursionsbericht Bremroth hier). Hierzu wurde anhand des Luftbildes am Rotenfels die Untersuchungsfläche (B) ausgewählt. Wie erhofft fanden wir vor Ort tatsächlich eine ähnliche Habitat- und Lebensraumstruktur wie am Bremroth vor:

Foto: Lebensraum von Gnaphosa lugubris in der Nähe des Rotenfels (Untersuchungsgebiet B).
(Die Rotfärbung der Vegetation kommt vom Kleinen Sauerampfer, Rumex acetosella.)

 

Und auch der Fund der gesuchten Gnaphosa ließ nicht lange auf sich warten. Zahlreiche ausgewachsene Weibchen konnten wir unter den Steinen feststellen. Man kann sogar sagen, dass sie wohl die dominante Art dort ist: Gnaphosa lugubris.

Die Tiere sind deutlich kleiner als Gnaphosa lucifuga und auch nicht so dunkel gefärbt. Weitere Fotos und Bestimmungsmerkmale
( >hier).
  Gnaphosa lugubris (auf künstl. Substrat fotographiert, natürliches Substrat am Standort -> siehe Foto der Zornigen Raubwanze)
   

Alopecosa cf. fabrilis, Jungtier, eine der größten Spinnen Deutschlands.
In Rheinland-Pfalz wurde die Art bisher erst zweimal gefunden (->Verbreitungskarte): am Heimberg bei Schloßböckelheim und im Steinbruch am Schneemeider Hof bei Essweiler (->weitere Details)

 
Bemerkenswerte Spinnenarten auf der Untersuchungsfläche (A):
Dass diese Spinne ulkig aussieht, offenbart sich erst bei starker Vergrößerung. Im Gelände kann man die Jungtiere durchaus für eine "gemeine" Veränderliche Krabbenspinne halten. Es handelt sich aber um ...


...Thomisus onustus, eine sehr seltene Krabbenspinne, die in ihrer Verbreitung auf Wärmegebiete beschränkt ist.

 

 

 

Diese Krabbenspinne ist allerdings noch wesentlich seltener. Neben einer alten Meldung von BRAUN (1960) aus der Umgebung Bingen ist in neuerer Zeit nur ein weiterer Fundort in Rheinland-Pfalz bekannt geworden (bei Pommern an der Mosel ->Details)


Kürzlich wurde die Art auch an der Mosel südlich Metz gefunden (->Details).


Foto links:
Heriaeus melloteei

 

Und hier die charakteristischen Bodentiere, deren Präsenz am Rotenfels für den Arachnologen keine wirkliche Überraschung ist:

Die Eresus-Männchen sind derzeit am Rotenfels auf Brautschau unterwegs. Wir sahen drei Männchen frei herumlaufen - Röhren mit ihren typischen "Zeltdächern" waren es jedoch so viele, dass wir schließlich das Zählen aufgaben.

 

Bauschutt und Müll vor der Haustür - hier wohnt ein Mensch oder ...eine Tapezierspinne, in diesem Fall Atypus affinis.

 

 

 

 





Diese Springspinne, Pseudicius encarpatus, turnte mit einem weiteren Kollegen auf dem Handlauf entlang des Felsenpfades herum. Wiederum eine Art, die nur auf Wärmeinseln vorkommt, aber auch dort sehr selten ist.

Foto links: Pseudicius encarpatus

 

Literatur: BRAUN, R.(1960): Neues zur Spinnenfauna des Rhein-Main-Gebietes und der Rheinpfalz.. - Jb. Nass. Ver.f. Naturkde. 95 , Wiesbaden: 28-89.

 

_________________________________________________________________________________A. Staudt & B. Dennemärker


 

2. Besuch am 1. Juli 2006 (Fläche A)
**Ergänzungen**
 
   

Foto oben: Borretschwanze Aellopus atratus, unter Steinen gefunden (siehe auch Exkursion zum Atzelsberg im LK Kusel)






Foto links: Theridion nigrovariegatum

Die Kugelspinne Theridion nigrovariegatum ist, wie unsere Untersuchungen zeigen, in den Trockengebieten von Rheinland-Pfalz nicht selten. Die Verbreitungslücken im Moselgebiet sind möglicherweise auf die intensive Nutzung der Weinbaugebiete zurückzuführen (->Verbreitungskarte). Die vergleichsweise geringe Funddichte in den anderen deutschen Wärmegebieten ist auffällig. Ob dies nur auf unterschiedliche Erfassungsintensität zurückzuführen ist, ist unklar.

Diese Springspinne, Asianellus festivus, hält wahrscheinlich den deutschen Rekord beim Weitspringen der Spinnen. Sie springt gerne und manche ihrer Sprünge sind bis zu 40 cm weit.

Foto: Asianellus festivus (Phlegra f.)  
   
Bereits im Vorjahr war uns am Felsenweg eine Sommerwurz aufgefallen, die aber damals Ende August bereits völlig verblüht war. In diesem Jahr trafen wir sie in Vollblüte und zugleich in einem schönen Bestand an. Offenbar schmarotzt sie an Artemisia campestris.

Foto: Orobanche cf. coerulescens
   
Foto: Thanatus atratus  
Diese Spinne aus der Familie der Laufspinnen (Philodromidae) wurde bisher in Deutschland nur selten gefunden. Die Funde in Oberrheingraben sind zudem schon einige Jahrzehnte alt. -->Nachweiskarte
   
   

_________________________________________________________________________________A. Staudt & B. Dennemärker