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Foto 1: Andrena vaga, Männchen (Foto: Ulf Heseler) | Foto 2: Andrena vaga, Weibchen (Foto: Ulf Heseler) |
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3: Kuckucksbiene (Nomada lathburiana) belauert heimgekehrtes Andrena
vaga-Weibchen (Foto: Ulf Heseler) |
Der auffälligste
Parasitoid ist der Große Wollschweber (Bombylius maior),
ein pelzig behaarter, mit einem langen, nicht einziehbaren Saugrüssel
versehener Zweiflügler, der in Kolibrimanier mit schwirrenden Flügeln
vor den Blüten von Frühblühern steht, um Nektar zu saugen.
Ständig fliegen mehrere Weibchen über der Sandbienen-Kolonie,
tauchen die Abdomenspitze in den trockenen Sand, um die Eier mit einer feinen
Staubschicht einzupudern und sie dann aus dem Flug auf die Wildbienennester
zu werfen. Die Entwicklung der Larven ist polymetabol: die beweglichen Erstlarven suchen die Wirtsnester auf und ernähren sich dort in den folgenden Stadien als träge Maden zunächst vom Futtervorrat der Wirtslarve, dann von dieser selbst. Nach der Überwinterung als Larve verpuppen sie sich im Wirtsnest. Die mit Borsten und Dornen versehene bewegliche Puppe gräbt sich im Frühjahr aus ihrem unterirdischen Verlies ins Freie, wo die Imaginalhäutung erfolgt. Vor zwei Jahren wollte es der Zufall, dass ich Zeuge des Schlupfakts wurde: ein Dutzend teilweise noch nicht pigmentierter Wollschweber-Imagines hingen an einem warmen Märztag (13.03.07) unbeweglich an Halmen in der Kolonie ihres Wirtes, unter ihnen am Boden die leeren Puppenhüllen. Die Sandbienen nahmen nicht die geringste Notiz von ihren nun erwachsen gewordenen Wechselbälgen. Die Puppen-Exuvien wurden abgesammelt: es waren nicht weniger als 30 Exemplare, am nächsten Tag wurden weitere 40 Ex. aufgelesen, am folgenden Tag blieb die Nachsuche ergebnislos. Die Summe von 70 Puppenhäuten muss aber vermutlich nach oben korrigiert werden angesichts all derer, welche nicht gefunden, vom Winde verweht oder vielleicht von Ameisen davongetragen worden waren. In diesem Jahr, 2009, lieferte ein Besuch am 12.04.09 an derselben Kolonie die Ausbeute von sage und schreibe 104 Bombylius-Exuvien. Die Beobachtungen mussten leider für ein paar Tage unterbrochen werden. Am 18.04.09, einem Regentag, wurden in der Kolonie weitere 25 Puppenexuvien gefunden, vermutlich solche, welche am 12.04.09 |
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übersehen worden waren, denn meine Beobachtungen lassen vermuten, dass die meisten Tiere innerhalb der kurzen Zeitspanne von 1-2 Tagen schlüpfen. Ein weiterer Kurzbesuch am folgenden Tag, kurz | Foto
4: Puppenexuvie von Bombylius maior
(Foto: Ulf Heseler) (->weiteres Foto) |
vor Mittag, bei besseren Wetterbedingungen
(Sonne), erbrachte weitere 43 Puppenhäute, angesichts der nasskalten
Witterung der vorangegangenen Tage sicher nicht die von frisch geschlüpften
Tieren. Denn in der Kolonie schien das Leben nach mehrtägigem Regen
bis auf zwei träge Sandbienen und eine Nomada lathburiana erloschen
zu sein. Wollschweber zeigten sich nicht. |
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5: Zwei noch nicht ausgefärbte Wollschweber (Bombylius
maior), darunter 3 Puppenexuvien (Foto:
Ulf Heseler) |
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6: Kuckucksbiene Nomada lathburiana in Ruhehaltung |
Foto 7: Blutbiene (Sphecodes spec.) auf Nesthügel von Andrena vaga. |
Foto 8: Parasitoide Fliege (Miltogramma spec.): der bewegte "Treibsand" unter ihr verrät, dass das Andrenaweibchen sich im verschlossenen Nest befindet. | Foto
9: Waldameies (Formica spec.) schleppt tote Andrena vaga ab |
(Für Hinweise von Dipteren-Experten zu Miltogramma wäre der Autor dankbar). |
Diese Erfahrung
zeigt, dass die Dunkelziffer der (z.B. in Falllaub und Grasbüscheln)
unentdeckt bleibenden Exuvien hoch sein muss. Es ist daher sicher nicht
übertrieben anzunehmen, dass in diesem Jahr wohl mindestens 200 Wollschweber
allein von dieser kleinen Sandbienen-Kolonie "erbrütet" worden
sind. Wenn man die schwieriger zu beziffernden Verluste durch Kuckuckucks-Bienen,
parasitoide Fliegen und Räuber hinzurechnet, muss der Aderlass enorm
sein, dem die Sandbienen-Population alljährlich ausgesetzt ist. Und dennoch existiert die Kolonie unvermindert seit vielen Jahren, dank einer Fortpflanzungsrate, die sich im Laufe der Evolution auf diese Verluste eingestellt haben muss. Interessant ist, wie bereits angedeutet, dass in der Sandbienen-Kolonie keine aggressiven Interaktionen zwischen Wirt und Parasitoid beobachtet wurden, die Wirtsbienen also nichts unternehmen, um sich ihrer Plagegeister zu erwehren, als habe sich bei einer entsprechend "eingestellten" Fortpflanzungsrate die Entwicklung besonderer Abwehrstrategien erübrigt. |
_____________________________________________________________________________________________Ulf Heseler |
Literatur: BELLMANN, H. (1999): Der neue Kosmos-Insektenführer. Stuttgart. JACOBS, W. (1998): Biologie und Ökologie der Insekten: ein Taschenlexikon/begr. von Werner Jacobs und Maximilian Renner. - 3.Aufl./ überarb. von Klaus Honomichl. - Stuttgart; Jena; Lübeck; Fischer. MÜLLER,A.,KREBS, A. & AMIET, F. (1997): Bienen. Mitteleuropäische Gattungen, Lebensweise, Beobachtung. Naturbuch-Verlag, München. WESTRICH, P (1990): Die Wildbienen Baden-Württembergs. Allgemeiner Teil. Ulmer, Stuttgart. |
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